Das Rollenspiel: One day like no other...

Ich nickte auf die Frage hin ob ich aufgeregt sei und rieb mir verlegen den Hinterkopf. Nun war die Truppe vollständig.

Ich nahm die Hand entgegen und lächelte. "Shin. Freut mich ebenso." Ich stellte mich gar nicht mehr mit Shinon vor, hier nannten mich eh alle nur in der Kurzform Shin.

"Lass uns anfangen?" Aber Lee wartete gar nicht auf eine Antwort sondern setzte sich an das Klavier. Macabre stand auf und hielt Shinon das Mikro hin. "Da bitte." Dann verließ er mit uns die Bühne. Wir stellten uns davor und sahen Shin und Lee dabei zu.

Lee startete, und wir warteten geduldig auf Shinons Gesang.

Mein Fuß tippte den Rhythmus leicht ab und als Lee die Stelle erreichte setzte ich ein. Ich war hoch konzentriert, schaute abwechselnd zwischen Halle und Gruppe hin und her, während ich die Töne so perfekt wie es mir möglich war zu treffen versuchte. Man merkte, dass ich auch bei der Probe keine halben Sachen machte. Nach der letzten Strophe ließ ich das Lied leise ausklingen und es wurde still im Raum.

Nachdem es aus war, applaudierten wir. 
"Das war gut!"
"Das war perfekt!"
"Hey, die ist nicht nur heiß, die kann auch noch singen!"
"Meine Traumfrau..."
"Das war klasse!!!"

Wieder wurde ich rot im Gesicht vor Verlegenheit. Ich drehte mich zu Lee um und lächelte ihn an: "Du kannst wirklich gut spielen." Untertrieben, er hatte perfekt gespielt. Besser könnte man die Töne nicht vorgeben. Ich grinste nochmal in die Menge und hoppste dann leichtfüßig von der Tribüne runter.

"Das heißt: ab in die Kleider!", grinste Macabre und jeder um ihn herum knurrte ihn nur etwas an. Doch schnell waren die meisten weg. Nur Shin, Nick, Niki und ich blieben übrig. Wobei ich als Halt diente, da Niki den Arm nicht von meiner Schulter nahm. "Wen habt ihr eigentlich als Begleitung?", fragte er.
Ich lehnte mich faul gegen ihn. "Ist das nicht egal? Ich will nur nicht, dass es langweilig wird."
"Wir haben uns, da kann es gar nicht langweilig werden", meinte Nick.

"Sei dir mal nicht so sicher...immerhin sind auch noch andere da..." Ich wollte natürlich den Kreis nicht direkt ansprechen. "Aber wir werden das schon schaukel...sehen uns dann in zwei Stunden" erklärte ich, winkte kurz, ehe ich durch ein Portal am Boden fiel. Das sah meinst entweder elegant oder zum lachen komisch aus. In meinem Zimmer angekommen zog ich mich aus und ließ mir ein Pflegebad ein, ehe ich ins wohltuende warme Wasser abtauchte.

Zwei Stunden später fand ich mich nun als Klon meiner Mutter. Meiner leiblichen Mutter und neben mir mein toller Bruder Lucien. Er sah ziemlich gelangweilt aus, aber er hatte nichts dagegen, wenn ich mich an ihm anlehnte. Das machte ich gerne und oft. Ich mochte diese hohen Schuhe nicht. Aber was sollte man den machen...

Der Kreis war schon anwesend, gut gekleidet wie Könige - bzw: wie immer. Die einzige, die noch fehlt war Shin. Ich sah mich kurz um, wo war sie denn?

Das Kleid passte, meine Haare aufgefrischt und die Schminke verteilt. Sina...eine Zofe aus meiner Welt half mir beim zuknöpfen. Ich befand mich nicht mehr auf meinem Zimmer. Endlich war ich fertig und traf schließlich im Flur auf meine Begleitung: Prime Minister Edward Stuart, ein junger Mann, blonde Haare und eine schicke Militäruniform am Körper. Er lächelte, als er mich sah.

"Mylady, ihr seht umwerfend aus."
"Danke, Ed. Aber wir sollten langsam los."

Er nickte und ich hakte mich bei ihm ein, während ich das Portal öffnete. Wir landeten direkt neben Cathie und ihrer Begleitung. "Hast etwas gedauert, sorry. Hab ich was verpasst?"

"Nee, hast du nicht."
"Wer ist denn die?"
"Jemand."
"Jemand, der mich nicht interessiert." Lucien sah zu mir runter. "Stell dich auf beide Beine, Idiotin. Du stellst Mutter dar."
"Ist mir doch egal..." Ich seufzte und stellte mich gerade hin. "Das ist mein großer Zwillingsbruder Lucien. Und wer ist der Kerl?" Ich zeigte auf Shinons Begleitung. 

"Gott sei dank, dachte schon ich wär zu spät". Unfreundlicher Typ dieser Lucien, ganz zu schweigen davon, das er ihr Bruder sein sollte. Ich wollte meine Begleitung grade vorstellen, doch der war nicht taub und hatte mitgehört, trat vor und verneigte sich vor Cathie.

"Prime Minister Stuart, zu euren Diensten, Mylady."

Ich runzelte die Stirn und sah Shinon verwirrt an. "Wo hast du denn den aufgegabelt?" 

Abermals wollte er antworten, doch ich hielt die Hand hoch, wodurch er auf der Stelle sich zurück hielt. Ich beugte mich rüber zu Cathie und flüsterte: "Nunja...er ist sozusagen der Verwalter meiner Welten. Er ist ganz cool drauf, wenn man ihn besser kennt." Ich zwinkerte. "Viel Spaß noch mit deinem Bruder"...hieß soviel wie 'mein Beileid'

"Coole Idee," flüsterte ich zurück, ehe ich einen Blick auf Lucien warf. "Danke für dein Beileid."
"Ich kann euch hören", sagte Lucien plötzlich und schaute uns beide böse an. 
"Dann schalt deine blöden Teufelsohren aus", zischte ich ihn an. Luciens rote Augen schimmerten wütend und er packte mich beim Arm. "Klappe, Lucy. Lass uns lieber zu irgendjemanden gehen, dessen Seelen auch Sinn machen." Und damit zog er mich weg, aber ich winkte Ed und Shinon noch zu. 

Die beiden blieben aber nicht lange weg, denn schon hatte Nick sie entdeckt. "Shin und eine mir unbekannte Person! Was geht so bei euch?" Er stellte sich zu ihnen, in einem edlen schwarzen Anzug, in dem er viel erwachsener aussah.

Ich lächelte den Beiden nach. Lucy? Was ein putziger Name. Ich winkte zurück, ehe ich Ed etwas weiter durch den Saal schliff. Wenig später trafen Ed und ich allerdings auf Nick. "Hey...geht so, ein wenig aufgeregt. Das hier ist übrigens Ed." Meine Begleitung verneigte sich. "Wow...du siehst ja richtig schick aus...ich hoffe mein Kleid kann da mithalten." lachte ich und drehte mich einmal um die eigene Achse, sodass er einen guten Eindruck von dem weißen Ballkleid bekommen konnte.

Ballkleid:

"Kann es," nickte Nick und begrüßte Ed, bevor er hinzufügte: "Aber du wirst leider nie zu schön sein wie mein Baby..." Er sah hinter sich. "Alex? Wo bist du schon wieder?" 

"Da bin ich." Ein blasser Junge mit länglichen dunkelblauen Haaren stellte sich an Nicks Seite. Er trug ein schwarzes Ballkleid mit dunkelblauen Edelsteinen drauf. Die Handschuhe waren ebenfalls schwarz. Er sah sehr schüchtern aus und hakte sich bei Nick ein, er war auch viel kleiner. "Hallo, ich bin Alexander. Freut mich. Nick hat mir von dir erzählt." Er hielt Shinon eine Hand hin.

"W-Was?" Mit offenem Mund starrten wir - Ed und ich - sein "Baby", ein Junge in einem zugegeben wunderschönen Ballkleid...für Mädchen? Was zum Teufel? Ich reagierte erst gar nicht richtig, ehe ich meine Mundlade zuklappte, zur Seite griff und dafür sorgte das Ed selbiges tat und ein Lächeln anschließend auf mein Gesicht schleichen ließ. "Shin...Freut mich auch." Verwirrt starrte ich zu Nick, dann zu Ed und dann wieder zu Alex. Dieser Arsch! Alex war auch ein Mädchen Name und die haben mir nie gesagt das Nick auf Jungs stand...ich mein ich fand es nicht schlimm...aber...aber...ich hätte es schon gern gewusst. "N-Naja, ich such dann mal Lee...viel Spaß euch noch" meinte ich verlegen und zog Ed rasch hinter mir her. "Du hast nix gesehen, verstanden?" meinte ich flüsternd zu Ed. "Ja, Mylady...sicher." Ich hakte mich ein und wir gingen durch den Saal, der mittlerweile recht voll geworden war.

Alex sah den beiden nach, ehe er zu Nick aufsah. "Sie mag mich nicht, oder?"
"Ach, die war nur überrascht, Babe." Nick küsste Alex auf die Stirn. "Ist alles okay." 

Lee war am anderen Ende des Ballraumes, in einem grünlichen Anzug. Er saß alleine auf einem runden Tisch und starrte das Holz nieder.

"Ed...könntest du uns vielleicht was zu trinken besorgen?", fragte ich den Minister, denn ich wollte mit Lee kurz alleine seine. Er nickte und verschwand außer Reichweite. Ich nahm die Chance war und setzte mich zu Lee an den Tisch. "Hey...naa, auch schon aufgeregt?", fragte ich freundlich und lächelte ihn an. Im Grunde hatte er ja die schwierigste Aufgabe mit dem Klavir, die Töne zu treffen war nicht leicht, aber ich war guter Dinge, vorallem da er in der Probe bereits wirklich toll vorgespielt hatte.

"Nein." Er setzte sich auf und sah sie kalt wie immer an. "Bist du alleine hier?"

"Ne, Ne, meine Begleitung holt nur grad was zu trinken." meinte ich weiterhin freundlich und schaute ihn dabei in seine kalten Augen. Den selben Blick hatte ich noch vor Monaten gehabt und hatte ihn ab und an immer noch, ein Blick der aussagte, dass einem alles egal war, man hatte verloren und nichts würde was daran ändern können. "Hör zu...es ist sicher schwierig für dich...nachdem was du durchgemacht hast. Ich kenne das Gefühl nur allzu gut. Aber du solltest aufhören dich zu verstecken und dein Leben weiterleben...Jenny hätte nicht gewollt, dass du dich ausgrenzt." meinte ich mit ernstem aber freundlich Ton. Ich wartete gar nicht auf eine Antwort, sondern stand auf, da Ed gerade mit einem Glas alkoholfreien Punch wieder gekommen war. "Wir sehen uns dann auf der Bühne...und solltest du was brauchen...ich bin da, ja?" verabschiedete ich mich und verschwand mit Ed wieder.

"Ja klar. Ihr seid alle für mich da, nicht?" Lee stand auf und verschwand in der Menge.

Ich schaute Lee nach...ich war dumm gewesen, ich machte den selben Fehler, den ich immer selbst bemangelt hatte, als ich noch so war. Lee und ich hassten Mitleid mehr als alles andere. Wir wollten nur normal dazugehören, ohne irgendwie ständig auf unsere Opfer hingewiesen zu werden. Ich schloss den Entschluss...ihn ab jetzt wie einen Kollegen zu behandeln...etwas zu selbstverständliches und doch vergassen es viele Menschen. Ein Räuspern war zu hören...der Bote stand auf der Bühne und hatte das Mikrofon in der Hand. Offensichtlich wollte er sich gehör verschaffen und die Songs ankündigen, denn bisher war es noch recht leise im Saal. Es wurde still und alle hörten gebannt seinen Worten.

Nachdem der Bote angekündigt hatte, dass nun die Auserwählten zwei Lieder vorspielen würden, fanden sich ich und meine Truppe schon auf der Bühne. Die anderen Leute sahen gespannt zu. Nick zählte und das Lied begann. Wir spielten trotzdem mit Freude und ich glaube, dass man es hörte. Man hörte es sicher. Unsere Musik war hier das einzige, was uns glücklich stimmen konnte.

Erst war es eine Weile still und alle beobachten die Auserwählten auf der Bühne. Erst als ich mir Ed schnappte und wir anfingen zu tanzen, schlossen sich viele der Paare an, ehe wirklich alle im Raum tanzten...bis auf der Kreis und ein paar anderen Leuten. Diese schienen ohnehin mies gelaunt zu sein, doch als das Stück zu ende war und alle laut applaudierten, stimmten sie höflicherweise mit ein, in dem sie ruhig und besonnen in die Hände klatschten. Ihr Gesichtsausdruck, war jedoch wie immer unverändert. "Super Auftritt, Leute." zwinkerte ich nach dem Lied den Leuten zu und stieg fast gleichzeitig wie Lee auf die Bühne. Ed schaute mir von weiter hinten im Saal zu, ganz in der Nähe von Cathie und den Anderen. Lee stimmte ein und wie schon in der Probe setzte ich erst nach einiger Zeit ein. Diesmal gab ich mir noch viel mehr Mühe...singen war eine Leidenschaft. Klar ich war aufgeregt, doch als es soweit war, nahm dieses beflügelnde Gefühl überhand. Mit allen Emotionen hängte ich mich in das Lied rein...kein Vergleich zu der Probe...und gab mir die größte Mühe einen perfekten Auftritt aufzuführen.