Der Wächterorden - Wenn Schweigen Gold ist

Ich hörte der Lehrerin eher abwesend zu, da ich die Zeit nutzte, um ein bisschen etwas in mein Notizbuch zu zeichnen. Wir mir später auffiel, war es eine Rose.

Ich sah hinüber zu Miku, und sah sie noch überraschter an, als sie mir die Augenklappe gab. Mit einem Grinsen lehnte ich mich rüber: "Kennst du das Mädchen da hinten mit den schwarz-blauen Haaren? Ihr Name ist Anita Mendy-Kara."

Ich folgte ihrem Blick doch alleine anhand des Names wusste ich wen sie meinte.

"Sicher...sie ist mit mir auf die selbe Akademie gegangen und ist nun genauso wie ich hier gestrandet. Wieso fragst du?"

Anita war mir stets freundlich und höflich einher gekommen, wenn gleich ich nicht das interesse hatte mich mit ihr anzufreunden. Sie war ein Mischling und deshalb auch nicht wirklich bekannt für ihre Massen an Freunden. Sie hielt sich eher im Hintergrund, auch wenn ich wusste das sie mächtiger war als sie aussah, schließlich hatte ich schon das Vergnügen sie kämpfen zu sehen.

"Trotzdem benimmt sie sich komisch", murmelte ich. "Weißt was über sie?"
Ich verdächtigte niemanden bis jetzt - schließlich konnte es auch sein, das jemand außerhalb der Akademie die Fäden zog. Dennoch klammerte ich mich an den Glauben, irgendjemand könnte etwas wissen.

"Keine Sorge...die ist immer so. Ignorier es einfach und gut ist."
Ich wollte ihr schließlich nicht alles sagen, solange diese Sache mit "Ihr" noch nicht geklärt war.
"Ms Kayama...wenn sie wünschen meinen Unterricht fortzusetzen nur zu."
"Tut mir leid, Ms. Kommt nicht wieder vor..."
Ärgerlich funkelte mich die Lehrerin an, ging dann aber wieder zum täglichen Unterricht über.

Ich hörte der Lehrerin zu, doch ließ ich meinen Blick durch die Menge schweifen. Die Augenklappe in meiner Hand entpuppte sich als Spielzeug währenddessen.

Langsam flüsterte ich konzentriert: "Joslā, kas ir novietots ap kaklu muļķīgi, tas var salūzt, piemēram, stikla. Ar jūsu labprātīgu pagātnes ēna ir tie, kas māca jums labāk viss, kas jums jādara. Es asaru spārnus eņģeļiem, bet tas ir tikai man, vai jūs atrast vainu jūsu nevainīgu sirds ticēja? Vai tas sirds ir gatava sekot tumšu dvēseli? Tas tumsā soul jūs nodot sevi dar."

Gelangweilt folgte ich dem Unterricht, es ging wirklich nur um die Grammatik und auch nur um die Theorie, wir durften also nur brav da sitzen und zuhören. Mehr aus langeweile schaute ich zu Akira und bemerkte das sich ihre Lippen bewegten, wenn gleich ich dank der Entfernung nichts hörte.
Seufzend konzentrierte ich mich wieder nach vorne.
"Kommunikation ist ein echtes Hassfach..."
Und es stimmte.

Als der Spruch fertig gesprochen war, schloss ich die Augen zur Hälfte und mein 'totes' Auge schien hell zu aufzuleuchten, nur für den Buchteil einer Sekunden.

Die Schatten in den Ecken schienen sich zu bewegen und huschten auf einmal davon. Sie verließen den Saal geschwind, geglaubt.
Ein paar Schüler folgten den tanzenden Schatten auf der Wand hinter der Lehrerin, die nichts mitkriegen durfte. Auch Anitas Aufmerksamkeit war auf die dunklen Silhouetten gerichtet, bis sie plötzlich einen Schock zu bekommen schien.

"Was zur Hölle ist das?"
Etwas überraschte schaute ich auf die Schatten die sich tänzelnd hinter der Lehrerin bewegten. Mir war klar wer am Werke war.
"Was machst du denn da?" flüsterte ich zu Akira, die scheinbar noch hochkonzentriert war.
Was es auch war, es wäre sicher nichts gutes.

Ich hörte Miku kaum und schaut starr auf die Schatten, das Kinn auf meinen Händen abgestützt. Marthin stupste mich zwar an, schien aber etwas zu bemerken. Er riss einen Zettel von seinem Block aus und schrieb etwas darauf. Nachdem er ein paar Worte mit Bernhard neben sich gewechselt hatte, lehnte er sich zurück und nutzte eine Chance, als die Lehrerin wegsah, um Miku den Zettel schnell hinter meinem Rücken zu geben.

Dort stand: "Weck' sie nicht auf, sonst fällt sie uns in Ohnmacht. Frag mich aber nicht, was die Schatten da sind. Ihre Augen sind aber leer, das heißt sie wird nicht so schnell locker lassen."

Ich nickte nur leicht Marthin zu als ich den Brief las, vermutlich war es besser so.
Die Lehrerin hingegen schien wohl nicht allzu pfiffig zu sein, denn merken dat sie ihren starren Blick nicht.
"Also schön...deklinieren sie mir bitte das Wort darboties, Ms Kayama..."
Während ich Antwortete fiel mein Blick immer wieder zur Seite doch zum Glück merkte es, zumindest im Moment keiner.

Die Schatten tanzten weiter und die Sonne wurde von Wolken verdunkelt. Ich schnappte mir die Aufmerksamkeit von jedem, der in diesem Saal saß. Mikus Lichtlein allerdings war auf die Lehrerin gerichtet, also ließ ich sie in Frieden.
Sie würde womöglich sowieso nichts vor mir verschweigen, kein Grund sie auszuspionieren.

Nach einer Weile stieß ich die Luft leise aus und schloss die Augen. Die Schatten verschwanden und jeder schien aus einem Traum zu erwachen.

Schweigsam beobachte ich das Spektakel nachdem ich mit meiner kleinen Ansprache die Lehrerin zufrieden gestellt hatten.
Was war hier nur los? Was bezweckte sie damit? Und vor allem warum jetzt?
Fragen über Fragen die sie mir sicher nie beantworten würde.

Schon bald waren die Stunden zu Ende und ich stand auf, meine Sachen packend. Wenn das, was ich fabriziert hatte, wirklich funktioniert hatte, dann war ich mir sicher, etwas herausgefunden zu haben.

Ich wartete auf Mik, Marthin und die anderen in der Tür und als Miku bei mir ankam, hielt ich die Augenklappe hoch. "Gibst du sie mir rauf?"

Ich nickte kurz und half ihr dabei die Augenklappe "aufzusetzen". Auch wenn ich nicht wirklich wusste warum sie das nicht alleine tat, zeugte es vermutlich mehr von Hilfsbereitschaft. Einen Knoten bindend ließ ich dann wieder von ihr ab.
"Perfekt...sag mal was hast du da drinne eben gemacht?"

"Sag ich dir, sobald wir alleine sind. Gehen wir - tschau!" Wir verabschiedeten uns von Marthin und den anderen, bevor ich Miku den Gang zerrte.
Niemand schien noch da zu sein - die meisten gingen jetzt schon Abendessen.

"Was ist denn los?"
Verwirrt schaute ich sie an, was konnte so wichtig sein das sie es nur unter 4 Augen mit mir besprechen wollte. Da keiner da war war nun hoffenlich die Zeit für einige Antworten.

Ich zog sie zu dem Ende des Ganges und sah mich dann, um bevor ich Miku los ließ. "Also - ich hab heute einfach ein paar Erinnerungen gesammelt, mehr nicht. Reg dich also nicht auf, kein Grund zur Sorge. Trotzdem schaust du mir aus, als hättest du Fragen.."

Ich zuckte leicht zusammen als sie darauf hinwies das ich Fragen hatte, indirekt ja schon, aber wollte ich das wirklich?
"Naja ich hab mich gefragt...nunja...wie du das mit Alicia eigentlich gemerkt hast. Wärst du nicht aufgewacht so schlagartig, hätte ich wohl auch nichts bemerkt."
Ich hoffte das klang nicht ganz so gekünzelt, aber ich befürchtete Akira würde etwas zweifeln was meine Intentionen anging.

"Ich hab KEINE Ahnung," antwortete ich mit einem Kopfschütteln. "Irgendjemanden muss ich angesehen haben. Womöglich den Typen, der sie getötet hat, oder jemand hier hat es gesehen. Alicia selbst hab ich nie mit meinem rechten Auge angesehen, es war aber fast aus ihrer Sicht.." Ich biss mir auf die Unterlippe. "Weißt du... Die Erinnerungen spiegeln sich in meinem Träumen wieder. Ich hab auch geträumt, was dein Rabe erlebt hat. Der Kampf da in deiner alten Akademie mit diesem Monstern."

Betrübt senkte ich den Blick. Schlimm genug jetzt daran erinnert zu werden, es warf eine viel wichtigere Frage auf.
"Das ist..." Ich fand einfach keine Worte.
Konnte ich mir denn ab jetzt nie sicher sein, was Akira aus meinem Leben wusste? Vielleicht Dinge die extrem Privat waren und nur mich etwas angingen?
Ich schüttelte den Kopf, stieß Akira beiseite und marschierte zurück Richtung Aula, machte davor einen Schwenker und fand mich letztendlich wieder auf dieser Bank im Schulhof ein.
Was könnte sie noch alles wissen? Sie hat mich mehr als nur einmal mit ihrem toten Auge angesehen...
Bedrückt wartete ich auf Fabi, welcher mir auch erwartenderweise Gesellschaft leistete.

Ich sah ihr mit düsterem Blicke nach. "Prinzesschen.."

Doch diesmal musste ich ihr nachlaufen. Verdammt nochmal!
Ich nutzte mein Schattenkraft, um ihr hinauszufolgen und ohne was zu erklären schnappte ich sie bei der Schulter. Miku auf die Beine stellend presste ich sie gegen die Wand. "Wenn du nochmal einfach so davonläufst, bevor ich fertig damit bin, dir irgendeine Scheiße zu erklären, dann bist du dran! Und wenn dein komischer Vogel auch noch jetzt meint, er muss seine Herrin beschützen, tja Pech! Wir sind umrandet von meiner Magie, also sag ihm gleich, er soll den Schnabel halten." Ich hielt sie an beiden Schultern fest, wenn auch nicht grob und verengte die Augen. "Weder hab ich irgendwas von Privaten Sachen gesagt, noch WILL ich irgendwas Privates von dir wissen! Ich will von niemandem was wissen! Schon seit JAHREN nicht mehr, verstehst du! Deshalb trag ich schon die ganze, dämliche Zeit lang diese Augenklappe, nur um nicht weiter irgendwelche traurigen Leben zu sehen. Weil es mich schon angeht!"

Ich keuchte schon gänzlich vor Wut und ließ den Kopf hängen, bevor ich Miku losließ und die Arme verschränkte. Wütend sah ich weg. "Jetzt piss dich nicht an vor Angst und Trauer und Depression und was-weiß-ich. Ich seh die SCHLIMMSTEN Erinnerungen, und meistens sind das die Tode. Lebende anzusehen ist ekelhaft. Meistens ist das echt zum Kotzen, was sich Menschen erlauben, um andere zu quälen. Abgesehen davon, haben die Menschen immer MICH angesehen und nicht ich sie. Diesen Spruch heute hatte die Auswirkung, dass nur Morde vorkommen. Ich bin doch nicht blöd und sammle alles, was einen Lebenden quält, nur um mir das dann noch im Schlaf anzusehen....."

Ich hörte die ganze Zeit schweigend zu. Ohne mich zu bewegen ließ ich ihre Wut über mich ergehen. Keine Emotionen wanderten auf meiner Lippe.
Sachte legte ich eine Hand auf ihre Schulter, als sie sich wegdrehte, kam etwas näher und ging leicht an ihr vorbei die Hand wieder loslassend.
"Lass mich dir etwas zeigen..."
Fabi landete auf meiner Schulter und ich drehte mich zu ihr um.
"Nehm bitte deine Augenklappe ab und schau mir in die Augen."
Ich würde ihr nun etwas zeigen, das ich bisher niemanden gezeigt hatte.

Ich starrte sie düster nieder. "Ist das dein Ernst? Du wirst deine Seele verletzen." Naja, so konnte sie nicht sagen, ich hätte sie nicht vorgewarnt.

Ich schloss beide Augen und nahm die Augenklappe ab. Noch legte ich eine Hand über mein totes Auge und sah sie mit dem linken an. "Überleg's dir."
Hoffentlich war es nicht etwas Emotionales. "Mein Auge bewegt sich auf keiner emotionalen Ebene. Ich kann nichts nachempfinden, noch kann ich in deinen Erinnerungen herumgraben. Ich weiß nicht, was du damit bezwecken willst."

"Ich bin sicher...jetzt nehm sie schon ab."
Ich lächelte leicht, weder mir noch jemand anderem würde etwas passieren.

"..du hast es so gewollt." Ich nahm die Hand runter und sah sie mit beiden Augen an, wartend.